Slider 3

Irrwege  

  RSS

 Anonym
Beigetreten: vor 55 Jahren
Beiträge: 0
14. Januar 2019 21:02  

Sie rannte, ohne auch nur einen einzigen Blick zurück zu riskieren. Wie lange sie schon rannte, wusste sie nicht, doch war es nicht von Belang, denn sie war noch nicht an ihrem Ziel angekommen, womöglich nicht einmal ansatzweise in Sicherheit. Die einzige Gewissheit, die schwer auf ihr lastete, war das tiefe Brennen in den überarbeiteten Lungen, die von Rauch und dem langanhaltenden Sprint malträtiert waren sowie der Schmerz in ihrem Antlitz, das eines der beiden leuchtenden Sterne eingebüßt hat. Und noch viel niederschmetternder war das Wissen, dass sie ihn verloren hatte. Irgendwo. Saß Salazar noch in der Stadt fest? Wartete er am Treffpunkt? Irrte ihr Gemahl, den sie als so zart ansah, in den Wäldern umher und fand den Weg nicht? Naemy wusste es nicht.

Erst zum Sonnenaufgang hatten sie noch alle Hände voll damit zu tun gehabt, die restlichen renitenten Zivilisten in die letzten Boote zu verfrachten und in die Sicherheit hinauszuschicken. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Elfe von Wehmut ergriffen worden, nicht bei ihren Kindern sein zu können, die längst fortgeschafft worden waren. Von Furcht, dasselbe zu erfahren wie damals, als die Legion ihr den ersten Gefährten für immer von der Seite riss..
Viel Zeit, um sich Gedanken zu machen, war jedoch keinem mehr geblieben, als das mächtige Schiff der Legion gemeinsam mit der Sonne die Insel erleuchtet hatte. Das Strahlen von Portalen, die in den Straßen und Gassen aufleuchteten, um die Kreaturen der Hölle zu entfesseln und auf die beinah leere Stadt loszulassen. Sie zu erobern und ihre Kämpfer und Verteidiger zu vernichten. Die kolossalen Felkugeln, die an den Stränden in den Sand geprasselt waren, um alles, was auf diesem Land wohnte, einzukesseln.
Was hatten sie in all den Stunden gekämpft. Ein Kampf gegen die bekannten Windmühlen, denn für jeder erlegte Zorneswache, jeden zerteilten Wichtel, schienen zwei neue Dämonen nachgekommen zu sein, um sich nach und nach der Stadt zu bemächtigen und wie eine unnachgiebige Wolke über die Verteidiger Lichthafens hinwegzuziehen. So viele hatten ihr Leben gegeben oder gar eine so große Furcht besessen, dass sie in die Knie gegangen waren, um sich der Legion darzubieten und ihr Leben durch Dienerschaft zu erkaufen. Wenige andere waren gerannt – wenn auch in andere Richtungen als die Druidin, die selbst die Ausweglosigkeit der Situation erkannt hatte und nun durch den Wald irrte.

Sie sah kaum noch etwas zwischen dem tiefen Gestrüpp des Waldes, was nicht zuletzt auf einen ruinierten Sehapparat zurückzuführen war. Ein zerstörtes Auge, das nie wieder leuchten sollte – mitsamt der dazugehörigen Gesichtshälfte zerkratzt von einem Wichtel, der es auf ihren Kopf geschafft hatte. Das viele Grün der Blätter und Büsche verschwamm zu einem undurchsichtigen Wirrwarr und selbst das Rascheln des Sommerlaubes hatte heute nichts beruhigendes, sondern war das Resultat einer hastigen Flucht. Die Kaldorei hätte sich jederzeit auf die Natur verlassen, die in diesen Wäldern ein zuverlässiger Wegweiser war, doch an diesem Tag war selbst der Wald in Panik und schrie vor Verzweiflung. Das Gleichgewicht der Insel war zerstört, der Hain von Bösem erfasst.
Gerade, als Naemy sich innerlich die Frage stellte, ob sie einmal anhalten und sich orientieren sollte, riss sie ein dumpfer, absolut schmetternder Schmerz beinah aus dem Bewusstsein und ließ sie zu Boden fallen, wo sie zunächst liegenblieb und sich mit einem wütenden Aufheulen das ohnehin schon in Mitleidenschaft gezogene Gesicht hielt. Sie ist mit einem Baum kollidiert. Zum ersten Mal in ihrem Leben.. im Wald, in dem Territorium, das sie so gut gekannt hat wie ihr Haus. So weit war es also schon.. nun konnte genauso gut das Ende kommen. Diese Gedanken kreisten neben dem pochenden Schmerz unnachgiebig durch ihren Kopf und waren der letzte Auslöser dafür, dass sie einfach liegenblieb und wie ein Kind, oder eine vollkommen gescheiterte Existenz, in ihre Handflächen hineinschluchzte. 'Das hast du nun davon, wie eine dieser nutzlosen Hochgeborenenweiber den ganzen Tag in einem Palast oder dösend auf Bäumen gesessen zu haben, anstatt für den Kriegsfall zu trainieren. Gut gemacht, Naemy. Mutter wäre sicher stolz auf dich.'.
Die Druidin schickte sich an, sich mühselig auf den Bauch zu drehen und die unnötige Weinerei, die auch dem anderen Auge noch beinah die Sicht nahm, in ein angestrengtes Schniefen ausklingen zu lassen, als sie plötzlich für einen Moment ein leichtes Kratzen und Gewicht auf ihrem Kopf spürte. War das Flügelschlagen, das sie da hörte? Als das, was sie da eben berührte, raschelnd neben ihr im Gras zu stehen kam, hob sie den Kopf mit zusammengekniffenem Auge an, um zu erspähen, welches Wesen ihre Aufmerksamkeit wollte – oder welches Wesen sie vielleicht sogar umbringen wollte.
Weder ein Wichtel noch eine Teufelsfledermaus blinzelte sie an, sondern eine große, grau gefiederte Eule. 'Du..?', brachte Naemy mit rauer Stimme hervor. Es war tatsächlich die Eule des Königs, die nun für einen Moment leicht den Kopf schieflegte – bevor sie sich einfach wieder in die Lüfte hob, um ein Stück weiter auf einem Ast zu landen. Die am Boden liegende Elfe wusste ganz genau, was der Raubvogel ihr sagen wollte.. sie sollte ihm folgen.
Hoffnung keimte erstmalig wieder in ihr auf. Die graue Eule musste wissen, wo der Magister sich aufhielt und konnte sie gewiss zu ihm führen. So schnell hatte sie sich womöglich noch nie in ihrem Leben hochgerappelt, um wieder loszulaufen. So hastig, dass sie beinah wieder auf den Knien landete, jedoch schließlich nur strauchelte und vorwärts stolperte, bevor sie ihr Gleichgewicht wiederbekam. Der Vogel schien recht zielstrebig eine Richtung zu verfolgen und flatterte geschwind von Baum zu Baum, um auf die Elfe zu warten, die mit Blick nach oben zum flatternden Wegweiser die Verfolgung aufgenommen hatte. Dämonen schienen gerade keine in ganz direkter Nähe zu sein, auch wenn der Wald zu spüren gab, dass sie bereits dort eingedrungen waren und vorrückten, um ihren grausamen Eroberungsfeldzug fortzuführen. Naemy wusste mittlerweile selbst wieder, wo die beiden entlanggingen. Die Felsen.. Hügel.. die bunten Sträucher.. ja, es war der Weg zum Versteck, der den Schlüssel zur Flucht beherbergte. Sie würden hier herauskommen! Alle beide. Würden es gewiss in die östlichen Königreiche schaffen, um dort bei den Kindern in Sicherheit zu sein und irgendwie, unbemerkt von Horde und Allianz, ihr gemeinsames Leben weiterzuführen.

Mit einem befreiten Ausatmen stürzte die gerüstete Geweihdruidin durch die letzten Sträucher auf das winzige Stück Strand, das geradewegs in eine kleine Höhle führte, verborgen von den meisten Augen. Nur beobachtet vom weiten Meer, das wenige Meter entfernt gleichbleibend rauschte, als sei nie etwas geschehen. Erleichterung hätte nun einsetzen sollen. Vielleicht sogar Freude über den Fund des gesuchten Ortes. Doch beides blieb aus und ließ stattdessen Platz für einen tiefen Stich. Erschütterung und eine bittere Erkenntnis, die sich wie ein scharfer Dolch mitten ins Herz hineinbohrte.
Salazar war nicht hier. Nicht auf dem kleinen Stück Sandstrand.. und als die Elfe ein paar Schritte ging, um einen Blick in die Höhle mit dem Portschlüssel zu werfen, war der Blutelf auch dort nicht. In der Stadt konnte er unmöglich noch sein, nicht lebendig, diese war gänzlich in Feindeshänden. Verloren stand sie dort, den Weg nach Hause direkt vor sich.. doch ohne das Gepäck, das dem Zuhause überhaupt einen Wert gegeben hätte. Erneut flatterten die gefiederten Flügel der Eule und das Geräusch entfernte sich, als das Tier einfach wieder über den Wald hinfortflog. Mit einem dicken Kloß im Hals starrte die Kaldorei dem klugen Tier nach und wusste nicht mehr, was nun zu tun war. 'Er ist nicht hier. Er ist nicht hier..er ist..' Worte, die sich in ihrem Geist wiederholten, überschlugen und sich immer tiefer in ihre Seele fraßen.
Sie konnte nicht einmal mehr weinen, Furcht haben oder in irgendeiner Form einen Plan ins Auge fassen. Es war vorbei. Ohne ihn würde sie nirgendwo hingehen, außer zu Elune.
Der leicht verschwommene Blick des heilen Auges glitt nach oben in den Himmel, dessen Blau durch das grüne Leuchten des Schiffes verzerrt war und folgte den unzähligen Felkugeln, die mit einem explodierenden Geräusch von dort aus losflogen und auf den Wald herabfielen. 'Beinah wie übergroße Sternschnuppen..', dachte die Elfe, die plötzlich von einer unerschütterlichen Ruhe ergriffen wurde. Sie begann sich damit abzufinden, dass nun womöglich ihre letzten Minuten anbrechen sollten. Langsam ließ sie sich in den warmen Sand nieder, die Unterarme auf den leicht herangezogenen Knien verweilend. Aus der Ferne drang das donnernde Grollen der Einschläge heran, gepaart mit sachten Erschütterungen des Erdreiches, als der Beschuss den Waldboden erreichte. Vorsichtig, mit sacht zitternden Fingern nahm die Elfe ein wenig Sand auf und ließ ihn wieder hinfortrieseln. 'Habe ich den Sandkuchen jemals probiert? Wir wollten doch zusammen nach Winterquell. Ich habe nie mit Goblins Poker gespielt. Jetzt ist es zu spät. Wir haben nicht zusammen gelebt. Immerzu nur gearbeitet. Hätten wir doch nur mehr Zeit gehabt..'
Die schwermütigen Gedanken an all das, was hätte sein können und hätte sein sollen, wurden unterbrochen, als sich zu dem nahenden Rumoren der Höllenbrut direkt hinter ein harsches Rascheln in den Sträuchern bemerkbar machte. Sie schloss die Augen. Lichthafen und alle, die dafür kämpften, sind gefallen. Jetzt würde auch sie folgen.


Zentho, Niadra, Shin und 4 Leute mögen
AntwortZitat
 Anonym
Beigetreten: vor 55 Jahren
Beiträge: 0
15. Januar 2019 20:10  

„Ich habe diesen Gestank von Schwefel schon immer gehasst. Aber nun macht, dass ihr hier weg kommt, es sind noch ein paar wenige Abreisemöglichkeiten vorhanden.“

Das waren die letzten Worte des ehemaligen Magisters an einen der zuständigen Untoten, die noch im tristen Tal in ihrem Anwesen verweilten. Es war wohl keine schlechte Idee, noch einmal nach den „vergessenen Schatten“ zu sehen, um auch den Verlassenen klar zu machen, dass sie verschwinden sollen und es nicht an der Zeit für sinnlose Opfer war. Es vergingen einige Momente, bis die Verlassenen das Tal hinter sich gelassen haben, und so hatte Salazar einen Moment der Ruhe. Der Blick des Elfen ging etwas umher, bis er sich einen Baum ausgesucht hat, an den er sich erst einmal anlehnte. Doch dabei bleibt es nicht, mit der Ruhe kamen die Schmerzen.

Der ganze Konflikt, die ganzen Stunden, haben ihren Tribut gefordert. Nicht nur, dass der hochgewachsene Magier von Blut, Dreck und Ruß übersät war, so kamen nun noch die körperlichen Schwächen durch und machten sich bemerkbar. Salazar war letztlich nicht mehr der Jüngste und musste entsprechend der Tatsache auch hier wieder Grenzen überschreiten. So sank der ehemalige Monarch zusammen und setzte sich hin, die Knie angezogen und die Arme auf den Kniescheiben gekreuzt, damit man den Kopf ablegen konnte. Der Körper des Elfen zitterte, doch das Zittern war nicht alles. Nun kamen die unangenehmen Gedanken, die sich in den Kopf brennen, schlimmer noch als die Wunden. Entsprechend der Gedanken hob der Elf seinen Kopf und fasste mit dem rechten Arm erst nach rechts und dann nach links, er fuhr zusammen.. ein herbes Schnaufen ertönte, dann ein Grollen. „Wo bist du, mein.. Herz?“ sprach er leise, ehe er sich langsam wieder aufraffte. Nur langsam kam er wieder auf die Beine und umfasste den Schwertgriff, welcher aus der Schwertscheide hervorlugte. Mit einem Ruck zog er das Schwert und ließ es dann einfach fallen, doch anstatt am Boden anzukommen, begann das Schwert zu schweben und verweilte wie ein arkaner Familiar direkt an der Seite des Magus. Noch einmal wurde geschnauft, man schüttelte den Kopf und preschte los, er wollte das triste Tal wieder verlassen.

Der Weg war klar, immerhin gab es nur einen, der direkt wieder auf das Wegenetzwerk der Insel führte. So preschte der schwarzhaarige Sin'dorei weiter und stoppte unten an der Weggabelung. Instinktiv drehte er sich nach rechts, um den Weg gen Wald anzusteuern, doch so leicht sollte es nicht werden. Auf dem Weg, etwa zehn Meter vor ihm, hatte sich eine Zornwache mitsamt einem dämonischen Schoßhund positioniert. Ein weiterer Kampf stand bevor, und ob Salazar diesen auch überstehen sollte, war zumindest ihm nicht klar. Ein kurzer arkaner Vers folgte und schon huschte die magische Klinge nach vorne und konnte dem Schoßhund einen verheerenden Hieb verpassen, während Salazar auf dem Weg einen Arkanschlag vorbereitete und direkt auf die Zornwache schickte. Der Arkanschlag traf und das auch nicht zu knapp, die Wache begann zu wanken und sackte etwas zusammen. So konnte Salazar dann auch seiner magischen Klinge den Befehl geben, es zu beenden, es folgte ein Ruck und dann ein sauberer Schnitt, der die Zornwache zu Boden brachte. Doch es war keine Zeit sich auszuruhen, der Weg ging weiter.. immer weiter gen Wald, um das zu finden, was ihm am wichtigsten war.

Am Turm, nicht weit vor der Bramswacht angekommen, brauchte der Magier erst einmal eine Pause. Die Hände wurden an die Oberschenkel gelegt, um eine dezent gebückte Haltung einzunehmen und durchzuschnaufen. Immer wieder zog er den Atem tief ein und presste die Luft dann wieder aus den brennenden Lungen. Doch damit nicht genug.. fast hatte er den Ort erreicht, an den er wollte, fast war er da und doch sah er schon, als der Fokus nach links in den Wald wanderte, dass man hier nicht ohne weiteres vorbei kommen würde. Der Weg bis zum kleinen Strandabschnitt war voll mit niederen Dämonen, die etwas zu suchen schienen, oder aber die etwas verfolgt haben. Abermals schossen Gedanken in den Kopf des Elfen. Ob es wohl Naemy war, die den Weg gewählt hat, um den Treffpunkt zu erreichen? Ob die Dämonen ihre Fährte aufgespürt haben, um nun aus dem Hinterhalt angreifen zu können? Wer weiß.. es könnte auch einfach nur der Invasion geschuldet sein, dass die Gruppe hier war, oder der Tatsache nach, dass die Bramswacht unweit vor dem kleinen Turm war. Doch es war egal, das war der Weg, den er gehen musste und so straffte sich der Elf ein weiteres Mal, zog alles zusammen, was er noch hatte und begab sich vom Turm aus nach rechts in den Waldabschnitt des Königreichs.

Als erstes waren es nur ein paar kleine Wichtel, die für den Magus kein großes Problem waren. Die kleinen Mistviecher waren mitsamt der magischen Klinge schnell und effektiv aus dem Weg geräumt. Doch das sollte es nicht gewesen sein, noch während Salazar durch den Waldbereich preschte, machte sich ein Rascheln in den Büschen links und rechts von ihm bemerkbar. Abermals waren es dämonische Hundewesen, dieses Mal vier an der Zahl. Der ehemalige Magister stoppte, verweilte einen Moment, ehe die vier Biester schon aus den Büschen spragen und direkt auf ihn zu rasten. Zwei der Hunde konnten von der Klinge erledigt werden, ein weiterer wurde von arkanen Geschossen des Elfen getroffen, doch der letzte Hund kam durch. Er senkte seine Zähne direkt in den rechten Oberschenkel des Elfen, und biss so fest zu, dass man das Leder der Rüstung knirschen und die Kettenglieder brechen hören konnte. So stieß auch Salazar selbst einen schmerzhaften und harschen Schrei aus, ehe die Klinge erst dann Zeit hatte, das festgebissene Vieh mit einem Stoß zu vernichten. War es das Ende?! Sollte Salazar an einer Bisswunde verenden? Zumindest war er noch bei Bewusstsein und vor allem klar bei Verstand. So löste er den schönen, rot verzierten Umhang, den er seiner Zeit von Leoly geschenkt bekommen hatte und schnitt ihn in mehrere Fetzen. „Tut mir leid, Leoly.. ich werde ihn wieder reparieren lassen.“ murmelte er leise und begann sich die Fetzen eng um den Schenkel zu binden. Etwas wehmütig blickte er auf den schönen Stoff, ehe er sich mit Hilfe seines Stabes wieder erhob und diesen nun auch als Gehilfe nutzte, um die letzten Meter zu schaffen.

Da war er, der Platz mit dem kleinen Lager. Der Platz mit dem kleinen Baumstamm, an dem Naemy und Salazar gestern noch saßen. Er war fast da, es es waren die letzten dichten Äste und Büsche, die er überwinden musste, und in dem Moment war wieder etwas Hoffnung da. Die Hoffnung, Naemy am Platz mit dem Portschlüssel zu finden. In diesem Moment hatte Salazar vielleicht auch schon etwas vergessen, dass er sich mitten in einer Invasion befand, doch sollte er es noch ein letztes Mal erkennen. Sachte schob er die letzten Äste beiseite und sah nun direkt und unvermittelt auf den Platz. Mit einem Schrecken musste er feststellen, dass von dem Lager nichts mehr übrig war und dass sich auf dem Platz ein mittelgroßes Dämonenportal befand, mitsamt einer ganzen Truppe dämonischer Streitkräfte, die von einem Inquisitor angeführt wurden. Salazar hatte gegen diese Truppenstärke keine Chance, egal was er sich gedacht hat, egal welchen strategischen Plan er im Kopf hatte, keiner dieser Pläne würde klappen.. außer vielleicht einer. Für den Moment lehnte sich Salazar an einen Baum neben sich, er nutzte die linke Hand um in der Gürteltasche rumzukramen und letztlich das zu finden, was er suchte, einen mittelgroßen Arkankistall, der bis zum Bersten aufgeladen war. Er hat keine Zeit vergeudet und ihn direkt und unvermittelt auf das Portal geschmissen, folgend schoss er einen arkanen Blitz direkt auf den Kristall, welcher zerbrach und in einer moderaten Explosion aufging. Das war wohl auch das Grollen, welches Naemy unten am Wasser gehört haben musste, denn die Dämonen haben sicherlich das eine oder andere durch die Explosion abbekommen. Der ehemalige Monarch nutzte die Verwirrung und die Explosion zu seinen Gunsten und huschte gequält weiter bis zum Felsabstieg, der unten den kleinen Strandbereich aufzeigte.

So war er es, so war Salazar das harsche Rascheln, das sich hinter Naemy bemerkbar gemacht hat. Völlig lädiert, verletzt und kaum mehr bei Kräften schleppte er sich zu Naemy und fiel neben ihr auf die Knie „Du bist hier..“ schnaufte er nur und wollte aber unvermittelt die Schulter der Elfe packen und sie hochziehen. Schaffen konnte er das nicht, er brauchte den Willen und die Hilfe von Naemy selbst, doch sie würde helfen, sie würde aufstehen. Vielleicht stumm, vielleicht mit einigen Worten, doch diese waren nur für die beiden hörbar und vom Wind der Küste verschluckt. Zusammen schleppten sie sich in die Höhle, um den gemeinsam ausgemachten Punkt zu erreichen. Ein letztes arkanes Raunen glitt durch den Bereich, erfüllte die Höhle und brachte die beiden fort. Wohin ist ungewiss. Aber sie haben die Insel verlassen.


Zentho, Niadra und Leoly zugestimmt
AntwortZitat
 Anonym
Beigetreten: vor 55 Jahren
Beiträge: 0
27. Januar 2019 18:54  

Blinzelnd versuchte sie, das schwere Augenlid aufzuschlagen. Jenes, welches nicht von einer ledernen Augenklappe verdeckt wurde. Sonne? Definitiv Sonne, es war helllichter Tag und als sie es endlich hinbekam, das silbern schimmernde Auge länger als zwei Sekunden offenzuhalten, ließ sie den Blick einmal durch die winzige, stickige Kammer huschen. Das spartanischste, was man bekommen konnte – überall zerkratztes Holz, ganz gleich ob Boden, Wände oder Möbel, ein Tisch mitsamt Stuhl, eine Hängematte und ein Bett, das sich im Rücken anfühlte, als habe man ein Laken über die nackten Gerippe eines verstorbenen Tieres gelegt. Naemy musste es wissen, sie lag schließlich gerade darin und spürte nicht nur die Rückenschmerzen, sondern auch die leichten Kopfschmerzen, von Schwindel begleitet. 'Der Rum in dieser Gegend könnte glatt ein gescheitertes alchemistisches Projekt sein.', dachte sie in diesem Moment missgestimmt und bereute es ein bisschen, in der gestrigen Nacht mit dem alkoholischen Getränk geliebäugelt zu haben – und wenn es nur zwei Gläser waren, in Beutebucht wusste man nie, was einem so ausgeschenkt wird.
Mit einem tiefen Brummen streckte sie sich etwas in den schmutzigen Laken, bis ihr auffiel, dass etwas fehlte. Jemand. Mit gerunzelter Stirn ließ sie das Auge durch den Raum huschen, bevor sie sich abrupt aufsetzte. „Sternentanz?“, lautete die unnötige Frage und der Ruf nach dem Begleiter, der ganz offensichtlich nicht hier war. Dennoch schlug sie die Decke zur Seite, die sie in ihrer vollständigen dunklen Ledermontur eigentlich nicht gebraucht hätte, und begab sich auf alle Viere, um über den Mattenrand hinweg unter das Bett zu sehen. Bis auf jeder Menge Staub und eine skelettierte Ratte fand sie jedoch auch dort nichts.
Unverhofft öffnete sich einige Momente später die knarzende Tür, die einige Risse aufwies und Naemy hob aufmerksam den Kopf. Da war er und erleuchtete mit seiner heiligen Präsenz den gesamten, kargen Raum. Ein jüngerer Nachtelf mit dunkelblauem, seidigen Haar und edler, silbern bestickter Robe, die ihn eindeutig als Mitglied der Mondpriester auswies. Auch heute waren seine Schritte schwebend und die Bewegungen geprägt von anmutiger Eleganz, als er die Tür hinter sich schloss. Nur sein gewöhnlicherweise stoisch-sanfter Blick erhielt einen feinen Riss, als sich eine der fein geschwungenen Augenbrauen ein Stück anhob. „Ich habe die Hoffnung, Euch nicht gestört oder bei etwas unterbrochen zu haben, Shan'do.“, erklingt die tiefe, jedoch äußerst weiche Stimme. Die alte Elfe, die noch immer auf allen Vieren mitten auf dem Bett saß, legte ein starres Pokerface auf und korrigierte ihre Position so, dass sie sich langsam auf das Hinterteil setzte. „Nein..?“, kam es langgezogen von der Druidin zurück, die auch direkt weitersprach. „Ich bin mir nur nicht sicher gewesen, ob Ihr vielleicht ebenfalls etwas von den Getränken versucht habt und an Orten gelandet seid, die Eurer hochheiligen Präsenz nicht würdig sind, Novize Sternentanz.“
Der angesprochene Elf schüttelte lediglich stumm das akkurat frisierte Haupt und begab sich an das Tischchen, um sich dort niederzulassen und seine Memoiren heranzuziehen, die er nun weiter zu vervollständigen gedachte.
Auch Naemy griff neben das Bett in ihren großen Rucksack und zog ihr abgegriffenes Notizbuch heraus, das sie bereits seit Jahren mit sich trug und bald ersetzt werden müsste. Mit einem herzhaften Gähnen blätterte sie in den Seiten, von welchen viele lose waren. Auch Briefe lagen zusammengefaltet darin, überwiegend von Salazar, dessen Eule sie oftmals am Tempel in Val'sharah besucht hatte. Letztendlich schlug sie die bedeutungsvolle Seite auf, die damals nach der Flucht aus der von Vielfalt geprägten Heimat erstellt wurde. Rasch ging sie mit dem Bleistift die Liste durch. 'Einen Baum in Sturmwind pflanzen.. Schulden bei den Zwillingen abbezahlen.. Urlaub in Winterquell mit Salazar.. Bootsfahrt durch Tausend Nadeln.. ah, da! Pokerspielen mit Goblins.' Mit einem versonnenen Schmunzeln machte sie ein Häkchen hinter der Zeile und klappte das Buch wieder zu, um es aufs Kopfkissen zu werfen und sich selbst aus dem Bett herauszuschälen. Etwas schwerfällig trugen ihre Schritte sie zum Fensterchen, das sie aufriss, um hinauszublicken und frische Luft zu schnappen – was in dieser Ecke Beutebuchts eine wahnwitzige Absicht war, denn eigentlich roch es nur noch altem Fisch und anderen undefinierbaren Aromen, die sich nicht als angenehm kategorisieren lassen konnten. Immerhin hatte man hier jedoch recht guten Ausblick auf die Hafenstege, was recht praktisch war. „Ich hoffe, das Schiff nach Darnassus kommt auch wirklich. Ich kann mich nicht daran entsinnen, dass es jemals durch Beutebucht gefahren wäre.“, plaudert sie ein wenig nachdenklich und beugt sich weiter aus dem kleinen Fenster hinaus, um ihre Aufmerksamkeit dem Treiben draußen zu widmen. „Immerhin einmal könntet Ihr mir auf dem Weg vertrauen, Shan'do. Immerhin sind wir auf dem Weg zu meiner Prüfung und...“ Die weiteren Worte, die der junge Kaldorei sprach, hörte Naemy schon gar nicht mehr. Ihre Augen hafteten gebannt auf einem der Schiffe, welches am äußersten Steg wartete und gerade eingeladen wurde. Konnte das sein, oder..? Sie rieb sich unwirsch über das gesunde Auge und blinzelte dann noch einmal hinaus. Die Segel trugen das Wappen Lichthafens. Das konnte nicht sein. Sie musste..
„... doch diese Thematik sollten wir genauer besprechen, wenn wir zurück in Dalaran sind.“, endeten die überwiegend ungehörten Worte des angehenden Mondpriesters, der nun über die Schulter blickte und erstarrte. Die Druidin war fort! Mit einer fließenden Bewegung, jedoch ausgesprochen rasch, erhob er sich und eilte zum Fenster, um hinauszublicken. Da war dieses Frauenzimmer doch tatsächlich aus dem Fenster geklettert und rannte nun die Holzstege entlang. Ein leises Seufzen drang aus seinem Mund. Er wusste schon immer, dass sie seltsame Wesenszüge hatte, doch seit Val'sharah war es gefühlt noch schlimmer.
Celeath Sternentanz war zwar ein Elf von edlem Format, doch noch immer durch und durch ein Kaldorei, so hatte er den schnellsten Weg gewählt, nämlich ebenfalls durch das schmutzige Fenster, an aufgehangenen Fischernetzen herabkletternd, sodass er der Flüchtigen folgen konnte.
Erst an einem der Hafenstege fand er sie wieder. So fiel auch ihm nun das Schiff auf, das eindeutig den Gefilden angehörte, in welchen er die letzte Etappe seiner Ausbildung damals vollenden sollte. Nicht, dass es ihn besonders tangiert hätte, schließlich war Lichthafen nie seine Heimat gewesen, nur ein Weiterbildungsort. Als er näher an das Schiff und die Elfe herantrat, offenbarte sich, dass sie in diesem Augenblick mit einem Menschen und einem Goblin diskutierte.
„Zwei Gold!? Seid Ihr des Wahnsinns? Ich habe fünfzig Silber, die ich Euch noch geben kann, doch das war es auch.“, nölte die Elfe im Gespräch herum, woraufhin der kräftigere Mann mit ungepflegtem Bart nur gelangweilt erwiderte: „Die Passagierliste quillt über, Süße. Entweder lebst du damit, dass du ein paar Kröten mehr auf den Tisch legen musst oder du fährst woanders mit, deine Entscheidung.“. Naemy ballte die Hände zu Fäusten und reckte mit missbilligender Miene das Kinn in die Höhe, bevor sie den Joker auspackte, bei welchem sie sich in der Vergangenheit oftmals geweigert hatte, diesen zu nutzen. „Ihr habt mich mitzunehmen. Mein Gefährte ist der König dieser Ländereien und ich die Fürstin. Ihr werdet mich augenblicklich eintragen, oder..“ Ja, oder was denn? Weder war ihr wirklich adliger Ehemann ansatzweise in der Nähe, noch hatte ihr Stand, den sie sich in Lichthafen erarbeitet hatte, irgendeine Auswirkung auf ihr Leben draußen. Mensch sowie Goblin starrten die Elfe einen kurzen Moment etwas irritiert an, bevor sie gegenseitig Blicke tauschten.. und dann in johlendes Gelächter ausbrachen. Selbst, wenn ihr Wort hier irgendein Gewicht gehabt hätte, so stand es noch auf einem anderen Blatt Papier, ob man ihr überhaupt Glauben schenkte – es sah jedenfalls nicht danach aus.
Mit einem wütenden Schnauben wandte sie sich ab und ging am Mondpriester vorbei, der sich die Situation stumm betrachtet hatte. Er wusste genau, dass ihr Herz trotz der langen Abwesenheit und dem mutmaßlichen Untergang des Königreichs noch immer an der kleinen Insel hing, doch im Augenblick konnte er nichts für sie tun. Sie hatten schließlich ein anderes Ziel vor Augen.


Nerlina und Zentho zugestimmt
AntwortZitat
  
Arbeitet

Bitte Anmelden oder Registrieren